2013年4月30日火曜日
Movie Review : Wake Wood
Originaltitel : Wake Wood
Regie : David Keating
Musik : Michael Convertino
Darsteller : Aidan Gillen, Eva Birthistle, Timothy Spall etc.
Herstellungsland : Großbritannien
Erscheinungsjahr : 2008
Dt. Release : 27. Mai 2011
Patrick und Louise führen kein einfaches Leben, nachdem ihre neunjährige Tochter Alice an ihrem Geburtstag von einem Schäferhund zerfleischt wurde. Um von den Geschehnissen Abstand zu nehmen, zieht das Paar in den kleinen irischen Ort "Wake Wood". Patrick startet eine Karriere als sehr beliebter Tierarzt, während seine Frau Apothekerin in dem kleinen Ort wird. Dabei fallen Louise allerlei merkwürdige Bräuche der Gemeinde auf. Als es zu einem schrecklichen Unfall mit Todesfolge kommt, beschließt Arthur, der Bürgermeister des Ortes, dem trauernden Paar das größte Geheimnis von Wake Wood zu enthüllen. So hat die Gemeinde einen Weg gefunden, kürzlich Verstorbene für 3 Tage ins Leben zurückzuholen, damit sich die Hinterbliebenen ordentlich verabschieden können. Er bietet auch dem Paar die Möglichkeit an, die tote Tochter ins Leben zurückzuholen, solange deren Tod nicht über 12 Monate in der Vergangenheit liegt. In der Tat ist die Tochter schon länger tot, aber das Paar belügt den Bürgermeister, da der Wunsch nach dem eigenen Kind größer als alle Risiken ist. Das Ritual gelingt und Alice kehrt ins Leben zurück. Anfangs ist alles normal und perfekt, doch mit jedem vergangenen Tag beginnt sich das Kind zu verändern. Und schon bald muss das Paar einsehen, dass es einen tödlichen Fehler begangen hat...
Die Geschichte von "Wake Wood" begann im Jahre 2007, als der Autor Brendan McCarthy beschloss das Drehbuch für einen Horrorfilm zu schreiben. Statt sich am modernen Horror zu orientieren, orientierte er sich lieber an diversen Klassikern des Genres. Heraus kam dabei eine erwachsene Geschichte, welche Elemente aus Filmen wie "The Wicker Man", "Wenn die Gondeln Trauer tragen" und "Friedhof der Kuscheltiere" in sich vereinte. Ein derart erwachsenes Projekt, stellte ein ziemliches Risiko dar, weswegen das Drehbuch bei den Filmstudios auf wenig Gegenliebe stieß. Zu ernst sei das Thema und zuviele Tabuthemen würden angesprochen, hieß es bei den Ablehnungsmitteilungen. Jedoch gab McCarthy nicht auf und versuchte seine Idee mit aller Macht auf diversen Filmfestivals zu verkaufen. Es war eine glückliche Fügung, dass just in diesem Moment das legendäre "Hammer Films" Filmstudio seine Pforten wieder geöffnet hatte und nun nach neuem Filmstoff suchte. Die erwachsene Geschichte von "Wake Wood" fiel direkt in Hammers Beuteschema, weswegen das Studio sich direkt die Verfilmngsrechte sicherte und mit der Umsetzung des Stoffes begann. McCarthy schlug Regisseur David Keating für die Regie vor, weil er von dessen Darstellung einer Familie sehr begeistert war. Hammer erkannten das Potential in diesem Vorschlag und machten David Keating das Angebot. Obwohl Keating noch nie zuvor einen Horrorfilm gedreht hatte, war er von dem Drehbuch begeistert und willigte sofort ein. Hammer überlies dem Regisseur dabei auch alle Freiheiten, so dass er sich nicht nur bestimmte Produzenten, sondern auch die Drehorte selbst aussuchen konnte. David Keating hatte auch schon genaue Vorstellungen für die Besetzungen der einzelnen Rollen und so war für die Produktion alles bereit. Es dürfte Hammers Vertrauen in Keating zu verdanken sein, dass die Produktion schneller und günstiger als gedacht verlief. Obwohl der Film bereits im Jahre 2008 fertiggestellt wurde, feierte er seine Weltpremiere erst ein Jahr später auf einem Filmfestival in der Schweiz. Trotz positiver Resonanz tat sich Hammer schwer daran, den Film für ausländische Verleiher interessant zu gestalten. Erst als im Jahr 2010 der Film "Let Me In" auf sich aufmerksam machte, zeigten internationale Verleiher Interesse an dem frisch wiederbelebten Filmstudio und die Rechte an "Wake Wood" wurden endlich weltweit verkauft. So erblickte der Film im Jahre 2011 endlich weltweit das Licht der Welt, wobei ihm die Kinoauswertungen versagt blieben und Hammers Comeback zu unrecht unterging.
Der Film beginnt mit einer äußerst kreativen Zusammenführung der Gegenwart und der Vergangenheit. In der Gegenwart sitzen Patrick und Louise in einem Auto und der Film ist in recht düstere Farben gehüllt. Ganz anders dagegen die Szenen aus der Vergangenheit, in welcher Alice ihren 9. Geburtstag feiert. In diesen Momenten erstrahlt der Film in grellen und bunten Farben und steht damit im Kontrast zu den düsteren Bildern der Gegenwart. Umso schockierender ist es, als in dieser farbenfrohen Welt plötzlich ein Schäferhund die kleine Alice anfällt und bestialisch tötet. Nach diesem tragischen Ereignis verfällt der Film völlig seiner trostlosen Farbgebung. Diese visuelle Darstellung der Freude und Trauer hinterlässt Spuren beim Zuschauer und stimmt perfekt auf das Geschehen ein. Allgemein wird dies nicht das letzte Mal sein, dass der Film auf dieses visuelle Stilmittel zurückgreifen wird. Nach diesem schonungslosen Beginn befindet sich das Pärchen bereits im Örtchen "Wake Wood" und geht seiner Arbeit nach. Dabei lernt man einige wichtige Personen der Geschichte kennen und auch der Ort an sich bekommt seine völlig eigene Kultur und Geschichte. Dadurch wirkt der Schauplatz glaubwürdig und niemals zu aufgesetzt. Doch das junge Paar konzentriert sich nicht auf solche Dinge, da die Trauer um die verlorene Tochter immernoch sehr tief sitzt. Als Zuschauer kann man sich auf anhieb mit dem Paar identifizieren, weil ihre Trauer wirkt stets glaubwürdig und realistisch. Es gibt keine theatralischen Heulkrämpfe, dafür allerdings ausdruckslose Gesichter und fehlende Worte. Die Liebe und Trauer der Beiden ist regelrecht greifbar und sorgt dafür, dass all ihre Entscheidungen menschlich wirken. Es dauert nicht lange, als Louise erstmals geheimnisvolle Bräuche auffallen und ein ihr unbekanntes Mädchen den Namen von Alice erwähnt. Ehe das Paar sich weiterhin darüber Gedanken machen kann, kommt es zu einem ersten Todesfall und der Bürgermeister offenbart ihnen das Geheimnis von "Wake Wood". Man könne die Toten zurückholen, allerdings nur wenn diese nicht länger als 12 Monate verstorben sind und auch nicht länger als 3 Tage. Natürlich ist Alice bereits länger tot und das Paar belügt den Bürgermeister. Ist dies gefährlich und dumm? Gewiss, aber es ist menschlich nachvollziehbar. Weil wer würde nicht lügen, wenn er dadurch nochmal sein Kind in den Armen halten kann? Die eigentliche Zeremonieszene erweckt Erinnerungen an den Klassiker "The Wicker Man", obwohl die Darstellung doch wieder eine völlig Andere ist. Für das Ritual greifen die Bewohner auf traditionelle Methoden und moderne Technik zurück, was dieses Ritual zu einem der interessanteren im Horror-Genre macht. Natürlich gelingt das Ritual und Alice kehrt ins Leben zurück. Fortan setzt der Film wieder auf helle und bunte Farben, um der neuen, 'heilen' Welt ein visuelles Antlitz zu verpassen. Dabei gelingt den Machern ein kleiner Kunstgriff, denn nicht nur das Verhalten der kleinen Alice wird immer seltsamer und bösartiger, sondern auch die Farben passen sich langsam der immer düster werdenden Stimmung an. Diese visuellen Eindrücke vermitteln dem Zuschauer dabei, dass diese heile Welt langsam in sich zusammenfällt und sich eine Katastrophe anbahnt. Diese erhält in dem kleinen abgeschiedenen Ort, mit seinen vielen Bauernhöfen, eine sehr starke Gruselatmosphäre, welche teilweise an die klassischen Filme des Filmstudios erinnert. Allgemein bedient sich der Film vieler Stilmittel der alten Hammer Filme, wodurch sich auch dieses Revival Werk in den Bereich des Gothic Horrors eingliedern lässt. Es fehlen lediglich die viktorianischen Kostüme und Schlösser um den Look perfekt zu machen. Trotz all der grandiosen Atmosphäre, bekamen die Filmemacher gegen Filmende doch kalte Füße und geizten nicht mit Splattereffekten. Da wird wem ein Eispickel durch den Hals gerammt, oder gar einer Frau das Herz bei lebendigem Leibe entrissen. Diese Szenen sind zwar handwerklich ordentlich gemacht, fügen sich aber nicht wirklich in das atmosphärische Gesamtbild ein und wirken von daher fehl am Platze. Dabei haben die Filmemacher zu Beginn von Alices Amoklauf eine wahrlich grandiose Szene eingebaut. In dieser hat Alice einen Kuhbullen fürchterlich entstellt und ihr Vater muss das Tier mit einer Nagelpistole töten. Die Kamera zeigt wie er die Pistole ansetzt und gerade als er abdrückt, zeigt die Kamera die Gesichter der anderen Kühe, welche voller Panik sich in ihren Stall zurückziehen. Hier wurde ein Moment des blanken Entsetzens dargestellt, ohne das die eigentliche Gewalttat überhaupt gezeigt wird. Diese Szene ist schockierender als die späteren Splatterszenen, was so machem Filmemacher zu denken geben sollte.
Der Film wurde in einem kleinen Dorf in Irland gedreht, wodurch die Sets eine große Authentizität mit sich bringen. Der Ort "Wake Wood" wirkt mit seinen vielen Tälern, Wiesen und Bauernhöfen nicht nur malerisch, sondern auch mystisch und teils unheimlich. Die Spezialeffekte können ebenfalls sehr überzeugen, was vorallem bei dem Ritual sichtbar ist und sich bei den Splatterszenen nochmals verdeutlicht. Hier waren Profis am Werk, welche zum Großteil auf CGI Effekte verzichteten und den Film mit praktischen Effekten ausschmückten. Da die Untoten hier normal aussehen, gibt es diesmal keine grässlichen Masken zu bestaunen. Die Musik von Michael Convertino untermalt das grausige Geschehen mit eher leisen Klängen, wodurch diese weder besonders positiv, noch besonders negativ auffällt. Natürlich wäre akkustisch mehr drin gewesen, aber trotzdem hat Michael Convertino einen sehr guten Job gemacht. Die beiden Darsteller Aidan Gillen und Eva Birthistle spielen die beiden Hauptfiguren Patrick und Louise. Beide spielen ihre Rollen ziemlich ruhig, behutsam und sehr glaubwürdig. Man zweifelt zu keiner Sekunde daran, dass diese Menschen ihre geliebte Tochter verloren haben und mit dieser Tatsache umzugehen versuchen. Sie stellen dabei das Herzstück des Films dar, welches von Kultlegende Timothy Spall noch zusätzlich unterstützt wird. Diese 3 Akteure laufen regelrecht zur Höchstform auf und lassen die anderen Darsteller hinter sich. Die kleine Ella Connolly als mordlustige Alice ist zwar nicht schlecht, hat aber keine Chance mit den erwachsenen Darstellern mithalten zu können. Trotzdem gehört sie zu den besseren Kinderdarstellern im Horror-Genre.
FAZIT
Als großer Fan des Hammer Films Studios konnte ich die Veröffentlichung von "Wake Wood" kaum erwarten, schließlich stellte es den ersten Film des Studios nach über 30 Jahren Pause dar. Obowohl der Film zügig abgedreht wurde, versank er schließlich in der Versenkung und meine Hoffnungen schwanden. Erst mit der Veröffentlichung des Meisterwerkes "Let Me In" bekam "Wake Wood" endlich Aufmerksamkeit und fand auch in Deutschland seine Veröffentlichung. Damit ging für mich eine 4 jährige Odysee zu Ende und die Erwartungen an diesen ersten, neuen Hammer Film waren sehr groß. David Keating besitzt bereits in den Anfangsszenen ein geschicktes Händchen für Emotionen, da er bereits durch wechselnde Farbfilter Emotionen in mir hervorrufen konnte. Das der Film sich danach erstmal Zeit nimmt, um seine Hauptdarsteller und den Ort "Wake Wood" vorzustellen, empfand ich ebenfalls als positiv. Diese langsame Machart erinnert an die alten Klassiker des legendären Filmstudios und versetzte mich regelrecht in die Vergangenheit zurück. Das der kleine Ort, mit seinen Bauernhöfen und Tälern nicht nur atmosphärisch fantastisch ist, sondern auch an die verwunschenen Dörfer der alten Filme erinnert, stellte ebenfalls einen großen Pluspunkt dar. Es fehlten nur noch die viktorianischen Kostüme und Schlösser, und schon wäre dies ein klassischer Hammer Film geworden. Am meisten hatten mich anfangs die Darsteller überzeugt, denn trotz einer tollen Atmosphäre, trugen sie 90% dieser ersten Filmhälfte auf ihren eigenen Schultern. Es gab nicht einen Augenblick, bei dem ich mit den beiden Darstellern nicht hätte mitfühlen können. Egal welche dumme Entscheidung sie auch trafen, sie waren allesamt menschlich nachvollziehbar und wie oft trifft man sowas heutzutage noch im Horror-Genre an? Eine Geschichte wie diese steht und fällt dabei mit ihren Darstellern und "WakeWood" steht mit seinen Darstellern felsenfest. Die typischen Horrorfilm-Elemente treten erst gegen Ende auf, als erste Anzeichen darauf hindeuten, dass Alice kein liebes Kind ist. Der Amoklauf des untoten Kindes zerstört dann doch etwas die typische Hammer Film Atmosphäre, da man sich plötzlich auf bloße Splattereffekte und Schockwirkung verlässt. Natürlich mag man es als Horrorfan auch sehr blutig, jedoch passen diese Szenen absolut nicht zum Rest des Films und wirken maßlos aufgesetzt. Natürlich liebe ich Splattereffekte, aber wenn die zuvor aufgebaute Atmosphäre durch diese zerstört wird, ist definitiv etwas mächtig schief gelaufen. Dabei ist es gerade die bereits erwähnte Kuhszene, welche die größte Schockwirkung hat und das ohne die bildliche Darstellung jeglicher Gewalt. Mit dieser Szene ist David Keating ein kleines Meisterstück gelungen. Warum er sich wenig später nur noch auf Splatterszenen fokussierte, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Nach über 30 Jahren Pause erwartet man von einem solch legendären Filmstudo wie Hammer Films natürlich so einiges. Diese hohen Erwartungen konnte dieser Mix aus "The Wicker Man" und "Friedhof der Kuscheltiere" leider nicht ganz erfüllen,obwohl der Film einige grandiose Momente vorzuweisen hat. So stellt "Wake Wood" eine gelungene Rückkehr für Hammer Films dar, welche zwar nicht originell ist, aber mit seiner erwachsenen Geschichte erfrischend anders wirkt. Den ganzen Film durchzieht eine sehr beunruhigende Atmosphäre und die moralischen Fragen, bleiben auch nachhaltig im Kopf haften. Und das ist eine Tatsache, welche der Großteil der modernen Horrorfilme nicht mehr zu bieten hat. "Wake Wood" mag zwar kein Meisterwerk sein, aber wer einen tiefsinnigen und ruhigen Horrorfilm sucht, ist bei dieser Mär aus Liebe, Trauer und Schuld genau richtig. Ein wirklich bitterböses Werk. Willkommen zurück Hammer Films, ich habe euch vermisst!
08 / 10
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