2013年1月10日木曜日

Movie Review : Livid






Originaltitel : Livide

Regie :  Alexandre Bustillo, Julien Maury

Musik : Raphael Gesqua

Darsteller : Chloé Coulloud, Béatrice Dalle etc.

Herstellungsland : Frankreich

Erscheinungsjahr : 2011

Dt. Release : 10. Mai 2012









 Die junge Lucie erhält eine 10 tägige Praktikumsstelle als Krankenpflegerin. Sie versteht sich mit ihrer Vorgesetzten sofort blendend und legt ein großes Talent an den Tag.
Alles verläuft bestens, bis Lucie an eine alte Villa kommt, in welcher eine ehemalige Balletttanzlehrerin seit Jahren im Koma liegt. Die abgemagerte und verwahrloste Frau wirkt nicht beruhigend auf Lucie. Doch ihre Arbeitskollegin lockert die Stimmung durch eine Geschichte auf, laut welcher die alte Dame einen großen Schatz in ihrer Villa versteckt halten soll.
Übermütig erzählt Lucie ihrem Freund von diesem Schatz und er sieht in diesem Schatz die Chance, seinem alten Leben zu entfliehen. Mithilfe eines Freundes überredet er Lucie dazu, in das Haus der alten Frau einzubrechen. In einer Nacht und Nebel Aktion gelingt es ihnen tatsächnlich in das Haus einzudringen, doch was sie dort erwartet, hat nichts mit Reichtum zu tun...


 Mit dem Debütfilm "Inside" gelang den beiden Franzosen Alexandre Bustillo und Julien Maury der ganz große Wurf. Mit einem Schlag waren sie international bekannt und sogar das legendäre Hollywood klopfte an die Tür der beiden Regisseure. Solch ein großes Glück war zuvor nur Landsmann Alexandre Aja gelungen, während andere Genre-Regisseure aus Frankreich in die Röhre blickten. Das Angebot aus Hollywood kam von dem legendären Studio Dimension Films, bei welchem u.a. der "Halloween" Franchise beheimatet war.
Es war auch genau jener Franchise, für welchen die beiden Regisseure an Bord geholt werden sollten, denn auch Dimension waren die inszenatorischen Ähnlichkeiten zwischen "Inside" und "Halloween" nicht entgangen. Sie sollten eine Fortsetzung des "Halloween" Remakes von Rob Zombie inszenieren, was für die beiden Filmemacher einem Traum glich. Sie nahmen sich das Remake zur Brust, um Ansätze für ihre Fortsetzung zu finden. Die beiden Franzosen arbeiteten intensiv an dem Projekt und schrieben ihr Drehbuch mehrmals um, bis sie endlich mit ihrer Fortsetzungsidee zufrieden waren. Sie reichten das Drehbuch an die Bosse von Dimension weiter und warteten nur noch auf den Startschuss. Die Dimension Bosse ließen sich sehr lange Zeit und auch Horrorfans begannen unruhig zu werden. Doch dann kam der Schock, "Halloween" Produzent Malek Akkad gefiel nicht die klassische Herangehensweise der beiden Franzosen und bevorzugte den Stil von Rob Zombie. Dieser hatte ebenfalls plötzlich Interesse an einer Fortsetzung bekundet und bekam damit den Job, während die beiden Franzosen wieder gehen konnten. Trotz ihrer harten Arbeit, war der Hollywood Traum mit einem Schlag verblasst. Das Bustillo und Maury umsonst so hart gearbeitet hatten, war ein Schock, von welchem sich die Filmemacher erst wieder erholen mussten. Zu ihrem Glück, hatte man in Frankreich den Erfolg von "Inside" nicht vergessen, wodurch sie mit offenen Armen empfangen wurden. Nachdem den Filmemachern derart ins Gesicht gespuckt worden war, wollten sie nun zurückspucken und etwas völlig "eigenes" drehen. Der nächste Film sollte kein zweiter "Inside" werden, sondern sich an den klassischen Gothic Gruslern und den Fantasien eines Dario Argento orientieren. So entstand schließlich die Idee zu "Livid", einem Mix aus Gothic Grusler und Dario Argento Film. Beide Regisseure waren sehr große Fans der alten Hammer Filme und den Filmen des Kultregisseurs Dario Argento. Mit "Livid" schufen sie ihren persönlichen Liebesbeweis an diese besonderen Filme und versuchten den Geist vergangener Tage einzufangen. Der Erwartungsgehalt der internationalen Horror-Gemeine war groß, denn "Inside" hatte immer noch Spuren hinterlassen. So waren beide Regisseure monatelang, bis zur Weltpremiere auf einem Filmfestival, bemüht, jegliche falsche Erwartungen des Publikums zu zerschmettern. Doch es half alles nichts, weil der Großteil trotzdem einen brutalen "Inside" Nachfolger erwartete.
Das Endergebnis schockte und überraschte viele, doch für Hollywood reichte es, um sich die Rechte an einem Remake zu sichern.


 Der Film beginnt mit den kalten Bildern eines verwahrlosten Strandes, in welchem, von Algen umhüllt, ein abgetrennter Kopf herumliegt. Diese düsteren Bilder und der abgetrennte Kopf erzeugen direkt die nötige Stimmung, um das Interesse des Zuschauers zu wecken. In der nächsten Szene befindet man sich auf einen Friedhof, welcher von düsteren Klängen begleitet wird. Ja, "Livid" gelingt es bereits in diesen beiden Szenen eine unangenehme Atmosphäre aufzubauen und einen Geruch des Todes über den Film zu verhengen. Kaum verlässt der Film diese trostlosen und einsamen Orte, lernt man die Filmhelden Lucie kennen, welche an einer Haltestelle auf ihre Vorgesetzte wartet. Obwohl diese Szene am hellichten Tag spielt, ist die gesamte Szenerie in kalte und düstere Bilder getaucht. Diese Düsternis der Bilder wird konstant aufrecht erhalten und lässt selbst hellstes Tageslicht beunruhigend und unheimlich erscheinen. Da hat Jemand seine Hausaufgaben gemacht und beweist, dass Bilder auch heute noch ohne Worte und Taten Emotionen erwecken können. Die Besuche bei den alten Menschen wirken befremdlich, da sie als ziemlich unpersönlich und kaltherzig dargestellt werden, obwohl Lucie etwas Herz in diese düstere Angelegenheit bringt. So plätschert der Film in seiner Anfangsphase dahin und man lernt Lucies Tätigkeit gut kennen, was niemals langweilig wird. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht der Film schließlich, als Lucie in der Villa der alten Balletttanzlehrerin Halt macht. Das ganze Haus ist in sehr düstere Bilder getaucht und die abgemagerte, Gasmaskentragende Balletttanzlehrerin sorgt auch nicht für eine angenehmere Stimmung. Die Atemgeräusche, die langen Fingernägel, der abgemagerte Körper, das riesige Bett und das dunkle Zimmer, all dies sorgt bereits für eine sehr dichte Gruselstimmung, ohne das überhaupt schon irgendetwas vorgefallen ist.
Man rechnet jeden Augenblick mit einem Jump Scare, doch Bustillo und Maury verkneifen sich diese 'Peinlichkeit' und unterbrechen die dichte Atmosphäre nicht. Stattdessen erfährt man in dieser düsteren Szene auch erstmalig von dem legendären Schatz, durch welchen die eigentliche Story erst so richtig in Fahrt kommt. Die Nachtszenen in der Stadt, wo Lucie mit ihrem Freund und einem Freund abhängt, sind in überraschend farbenfrohe Bilder getaucht und stehen damit im starken Kontrast zu den vorherigen Szenen. Dies ist natürlich kein Zufall, weil dies die lebendigen und schönen Momente in Lucies Leben sind, während die Momente des Praktikums etwas kaltes und 'totes' mit sich brachten. Dies wird in diesen Szenen deutlich und wird auch im späteren Filmverlauf noch weiter Verwendung finden, sofern man auf diese kleinen Details achtet. Kaum ist die Einbrecherbande ins Auto gestiegen, gibt es eine grandiose Schmunzelszene für Horrorfans. Denn plötzlich stehen 3 Jugendliche vor dem Auto, welche Masken tragen, die denen aus "Halloween III - Season of the Witch" sehr ähnlich sehen.  Doch das denkt nicht nur der Zuschauer, weil einer der Helden beim Anblick dieser Masken den legendären Silver Shamrock Song einstimmt. Bei solch einer liebevollen Hommage, kann das Herz eines Horrorfans nur höher schlagen, doch es soll nicht die letzte Hommage sein. Der gesamte Film ist voller Anspielungen auf vergangener Klassiker, welche das Spektakel zu einem kleinen Quiz für Horrorfans werden lässt. Die genialste Anspielung ist die des Überklassikers "Suspiria". So entdeckt Lucie im Haus der Balletttanzlehrerin ein Tanzzertifikat der Freiburger Tanzakademie aus "Suspiria". Da schlägt nicht nur das Herz eines Horrorfans höher, sondern der Film siedelt sich damit auch gleich in Argentos "3 Mütter" Universum an. Doch natürlich lebt der Film nicht nur von Anspielungen und Filmzitaten. Im Haus der alten Frau angekommen, werden die Bilder wieder sehr düster und kalt. Statt direkt die Hölle losbrechen zu lassen, geben Bustillo und Maury ihren Figuren zeit, sich in der Villa genauer umzusehen.
Allgemein lässt sich der Film "zeit", um die nötige Gruselstimmung und Charakterisierung seiner Figuren aufzubauen. Es dauert eine geschlagene Stunde, bis der Spuk in der Villa losbricht und danach gibt es kein Halten mehr. Das Tempo wird drastisch angezogen, es hagelt mehrere Jump Scares und auch vor Splatterszenen wird nicht länger halt gemacht. Diese erreichen zwar nie die Qualität eines "Inside", aber ein Kopf, der sprichwörtlich auseinandergerissen wird, ist auch in dieser Spukvilla zu finden. Die düstere und "märchenhafte" Optik bleibt dabei konstant aufrecht erhalten, auch wenn dieses temporeiche Finale nicht länger die zuvor aufgebaute Gruselatmosphäre aufrecht erhalten kann. Da wäre weniger evtl. mehr gewesen.

 Neben der grandiosen Regie und Kamera, kann der Film auch im Effektebereich punkten. Die Sets sehen grandios aus und zeugen von sehr viel Liebe zum Detail. Doch das trifft nicht nur auf die Sets zu, sondern auch auf die Masken der Vampire.
Diese Geschöpfe haben ein recht eigenwilliges und zugleich widerwertiges Design, welches durch die grandiosen Make-up Effekte noch untermauert wird. Doch nicht nur die Masken wissen zu überzeugen, sondern auch die Splattereffekte wirken sehr überzeugend.
Egal ob ein Finger in einen Hals gebohrt, eine Kehle durchgeschnitten. ein Kopf auseinandergerissen oder Augen zugenäht werden, alles sieht absolut hochwertig aus und erweckt niemals den Eindruck, ein einfacher Effekt zu sein. In einigen Momenten kommen auch computeranimierte Bilder zum Einsatz, welche dank starker Verfremdung, gut in das Gesamtbild passen und nicht, wie in den meisten ähnlichen Produktionen, störend wirken. Der Soundtrack ist ebenfalls sehr gelungen und kann mit düsteren und unheimlichen Klängen aufwarten, welche man sich auch ohne Filmsichtung sehr gerne anhören würde. Bei den Darstellerleistungen sieht es hingegen etwas anders aus, weil das Drehbuch den wenigstenDarstellern chancen gibt, wirklich glänzen zu können. In der Hauptrolle sieht man die süße Chloé Coulloud, welche wirklich jede Szene für sich einzunehmen vermag und eine hypnotisierende Wirkung hat. Sie spielt die Lucie mit viel Herz, Verstand und Schlagfertigkeit, wodurch ihr Charakter der Symphatichste des gesamten Filmes ist. Ihre beiden männlichen Begleiter können da nicht mithalten und erhalten vom Drehbuch auch keine großen Charakterisierungen.
Man wünscht ihnen zwar nicht den Tod, weil ihre Beweggründe für den Einbruch logisch erscheinen, aber wirklich mitfiebern tut man mit den beiden Herren der Schöpfung nicht. Neben Chloé Coulloud kann eigentlih nur noch Beatrice Dalle wirklich auftrumpfen. Diese ist zwar nur in Rückblenden als die strenge Balletttanzlehrerin zu sehen, erzeugt in diesen Szenen aber einen derartig bleibenden Eindruck, dass man die Frau einfach lieben muss. Der Rest der Darstellerriege verblasst neben diesen beiden Damen.


FAZIT








"Livid" ist einer dieser Horrorfilme, die man weder Jemanden uneingeschränkt empfehlen, noch zerreissen würde. Man muss ein Faible für derartig surrealistische Filme haben und keinen Wert auf Logik legen, denn diese ist hier völlig fehl am Platze.
Der ganze Film wirkt wie ein düsteres Märchen, oder gar wie ein Albtraum. Die Charaktere bewegen sich erschreckend langsam durch die Villa und übersehen den ein oder anderen wichtigen Hinweis, wie man es aus eigenen Albträumen her kennt.
Unterstützt wird diese Stimmung nicht nur von den grandios düsteren Bildern, sondern auch vielen Gruselszenen, die an Schrecken der Kindheit erinnern. Man denke nur an die gekleideten Puppen mit ausgestopften Tierköpfen am Essenstisch. Deren ganze Erscheinung wirkt bereits unheimlich und als diese auch noch ihre Köpfe in Richtung Lucie drehen, stehen die Nackenhaare wahrlich zu Berge. Der Film ist voll mit solchen kleinen und fiesen Szenen und zeigt, dass Bustillo und Maury ihre Hausaufgaben gemacht haben. Doch trotz deser ganzen gothischen Atmoshäre schafft der Film es nie, die Illusion zu erwecken, er könne aus den legendären Hammer Film Studios stammen. Das ist auch nicht weiter tragisch, weil der Film dafür an einen der größten Horrorklassiker überhaupt erinnert. Der ganze Film schreit förmlich nach "Suspiria" und das nicht nur wegen der Geschichte um eine bösartige Tanzlehrerin. Die gesamte albtraumhafte Inszenierung erinnert regelrecht an "Suspiria" und könnte glatt von Meister Dario Argento selbst stammen. Das diese Ähnlichkeiten kein Zufall sind, wird deutlich, als Lucie ein Zertifikat der Tanzschule aus "Suspiria" findet. Damit siedelt sich der Film ins Universum von Argentos "3 Mütter" Trilogie ein und man wird das Gefühl nicht los, dass die Franzosen mit diesem Werk ihren eigenen Abschluss dieser legendären Trilogie inszenieren wollten. Sollte dies der Fall sein, muss man zugeben, dass Bustillo und Maury ein besserer Abschluss als Dario Argento selbst gelungen ist. Freunde der "3 Mütter" Trilogie werden sich auf jeden Fall wie Zuhause fühlen. Wie bereits erwähnt, gibt es aber noch genügend andere Anspielungen auf diverse Horrorklassiker, welche einfach nur nett anzusehen sind und spass machen. Man merkt förmlich die Liebe zu dem Genre im Gemäuer der alten Dame. Die erste Stunde des Films baut sich langsam auf und ist unglaublich atmosphärisch. Die Gruselstimmung ist so dicht, dass man gar nicht bemerkt, das bereits eine Stunde vergangen ist, als der Spuk endlich so richtig losgeht. Aber mit dem temporeichen teuflischen Treiben, bricht der Film etwas in sich zusammen. Die alte Vampirdame ist so oft zu sehen, dass sie ihre anfängliche Gruselpräsenz schnell verliert und allgemein passiert einfach zuviel, um Grusel aufkommen zu lassen. Dies ist besonders schade, weil gerade da wo der Film richtig punkten müsste, geht ihm schließlich die Puste aus. Atmosphärisch bleibt das Ganze zwar trotzdem, aber für 30 Minuten sind es schon etwas zu viele Jump Scares und etwas zuviel Action.
Den negativen Höhepunkt stellt leider das Ende da, welches ich trotz intensiver Bemühungen nicht wirklich verstehen konnte. Ich habe zwar die Botschaft verstanden, aber nicht was da am Ende genau passiert ist. So ist "Livid" im Endeffekt ein zweischneidiges Schwert. Die erste Stunde ist ein kleines Meisterwerk was Atmosphäre, Spannung und Gruselstimmung angeht, nur um in den letzten 30 Minuten in einer übertriebenen Geisterbahn wieder zu verpuffen. Der Film ist leider kein Meisterwerk wie "Inside" geworden, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da der Film trotzdem sehr gut ist. Aber natürlich sollte man ein Faible für gothische Horrorfilme und Horrorfilme ala "Suspiria" haben, um "Livid" etwas abgewinnen zu können. Für mich stellt er einen guten Gruselfilm dar, welcher das Thema Vampire mal auf eine etwas andere Art und Weise angeht. Das größte Kompliment, welches ich dem Film machen kann ist, dass er ab sofort für mich den Abschluss von Argentos "3 Mütter" Trilogie darstellt. Ein größeres Kompliment kann man diesem Gruselfilm wohl nicht machen.
Eigenwilliges Gruselmärchen mit toller Stimmung, einer sehr süßen Heldin und fiesen Spezialeffekten!


07 / 10

 








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